Dissertationen

Die Muhammad Iqbal Forschungsstelle will der Interdisziplinarität Rechnung tragen, die Muhammad Iqbals Werk einfordert: Religion, Philosophie, Politik, Wirtschaft, Geschichtswissenschaft, Philologien und Naturwissenschaften können gleichermaßen durch Muhammad Iqbals Denken inspiriert und belebt werden. Sie treten durch Iqbals außereuropäischen Blick in einen neuen Diskurs miteinander ein, indem explizit auch das islamische Denken einen Platz einfordert. Die Nachwuchswissenschaftlerinnen und – wissenschaftler tragen nicht nur zum Verständnis von Iqbals Werk bei, sondern schreiben sein Denken im besten Sinne einer Tradition fort. An dieser Stelle stellen wir Ihnen Dissertationsprojekte vor, die sich unmittelbar, aber auch mittelbar mit dem Denken Muhammad Iqbals beschäftigen.


Shaheela Baig

Arbeitstitel: Das Erreichen der Unsterblichkeit durch Selbst-Entwicklung

Betreuer: Prof. Dr. Ahmad Milad Karimi

Unsterblichkeit ist das ewige Leben, die unbestimmte Fortsetzung der geistigen oder physischen Existenz einzelner Menschen. In vielen philosophischen und religiösen Traditionen, ist die Unsterblichkeit als das Fortbestehen einer immateriellen Seele oder eines Geistes, jenseits des physischen Todes des Körpers gedacht. Ein Glaube an das Jenseits ist ein Grundgedanke in vielen Religionen und sogar ein Bekenntnis in Judentum, Christentum und Islam, aber das Konzept einer unsterblichen Seele ist nicht gleich. Die „Seele“ hat verschiedene Bedeutungen und wird nicht in der gleichen Weise in verschiedenen Religionen und verschiedenen Konfessionen einer Religion verwendet. Allama Muhammad Iqbal spricht vom ewigen Leben, das nicht nur erreicht werden kann, sondern auch das grundlegende Ziel der Menschen ist. Für Iqbal ist das Überleben der Seele nach dem Tode nicht gleichbedeutend mit seiner Unsterblichkeit. Jeder überlebt den Tod, aber die Entscheidungen eines Menschen im gegenwärtigen, irdischen Leben bestimmen die Qualität seiner Existenz im Jenseits. Wenn Iqbal sich auf die Unsterblichkeit bezieht, spricht er nicht nur vom Überleben, sondern von der absolut vollsten Lebenserfahrung, die der Mensch mit der Gnade Gottes potentiell genießen kann. Diese Unsterblichkeit wird nicht in einem einzigen Sprung erreicht, sondern in vielen Stadien, in denen das endliche Ich, ein immer dauernderes Element in der Konstitution der Wirklichkeit wird. Für Iqbal beginnt der Weg der Selbst-Entwicklung, sobald man sich der Disziplin des göttlichen Gesetzes unterwirft.


Zülkif Gencer

Arbeitstitel: Islamischer Staat?
Zur Konstruktion religiös legitimierter Politik in der Moderne

Betreuer: Prof. Dr. Ahmad Milad Karimi

Die Umwälzungen in der islamischen Welt mit dem Aufbruch der Moderne lassen eine Tendenz erkennen: Die Religion übt bei der Neuformierung muslimischer Gesellschaften weiterhin einen erheblichen Einfluss aus und wirkt auf verschiedene Weise auf die politischen Systeme der Staaten mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit ein. Unter anderem entstehen im 20. Jahrhundert in Tunesien mit an-Nahda, in Pakistan mit Jamaat-e-Islami, in Ägypten mit al-Iḫwān al-Muslimūn oder in der Türkei mit Millî Görüş – aus der die AKP hervorgeht­, religiös motivierte Gruppen, die die Politik maßgeblich prägen. Muslimische Denker liefern den theoretischen Nährboden für die religiöse Legitimation eines islamischen Ordnungswesens. Ein wichtiger Akteur, der in diesem Kontext wirkt, ist unter anderem Muhammad lqbal, der in der islamischen Welt einen hohen Bekanntheitsgrad genießt und erheblichen Einfluss auf Muslime und politisch motivierte islamische Strömungen weltweit hat. Eine kritische Auseinandersetzung mit den Schriften der Gelehrten, die im 20. Jahrhundert den Staat aus islamischen Quellen zu begründen versuchen, ist der Gegenstand der Forschung. Untersucht wird, wie politisch-soziale Ordnungsvorstellungen legitimiert werden, indem analytisch-kritisch das dem Normengefüge zugrunde liegende Geflecht an Zusammenhängen, Wechselwirkungen und Schlussfolgerungen aufgezeigt wird.